Zu Sokrates‘ Daimonion kann man derzeit bei Wikipedia lesen:

„…Das Daimonion wurde von Sokrates als eine innere Stimme von göttlichem Ursprung erklärt. Diese innere Stimme warnte ihn in entscheidenden Augenblicken und hielt ihn von der Ausführung einer unrechten Absicht ab. Nach Platon und Xenophon warnte das Daimonion peri – tôn adêlôn, hopôs an apobêsoito. Er verstand es als eine Gegeninstanz zum Logos, die das erkennt, was der Vernunft verborgen bleibt, und vom Falschen abrät, jedoch zu nichts zurät. Sein Daimonion schätzte Sokrates so hoch ein, dass er ihm auch gegen seine rationale Einsicht gehorchte. Da er es auch über die Götter stellte, wurde ihm vorgeworfen, es als einen neuen Gott einführen zu wollen…“

Wenn ich mich noch richtig erinnere, dreht der alte Nietzsche dem alten Sokrates (man weiß nicht, wer älter ist) aus genau dieser reinen Negativität seines Daimonions einen ziemlich dicken Strick: Da sehe man schon den ganzen Charakterfehler, positive Besessenheit sei eine gestalterische Kraft, Nicht-anders-können-als-zu-…, völliges Hingegeben-Sein sei der adligste aller Zustände, der niederträchtige Steinmetz und Sohn eines Steinmetz habe den edlen Platon und die ganze athenische Jugend verdorben, etc., blabla

Auf der anderen Seite der Negation wartet jedoch – so gut wie immer – die Freiheit. Und die ist ja bekanntlich eine recht positive Kraft.

Wer also gut mit seiner Intuition verbunden ist, wäre mithin „der freieste Mensch“. Und damit auch der Hingebungsvollste:

Er müsste keine Angst vor seiner eigenen Hingabe haben, weil er sich darauf verlassen kann, dass ihn die Stimme der Freiheit rechtzeitig und vor allem auch dann noch erreicht, wenn das Hingegeben-Sein zur Sucht zu verkommen droht. Er könnte sich rückhaltlos ins Sein stürzen, weil er sich darin niemals erschöpft und darin niemals untergeht.